Fliegenfischen am Bach mit Andreas Schmitt von der Casting-Clinic

I. Der Reiz des Bachfischens mit der Fliegenrute

Am Bach fängt man keine Riesen. Man kann nicht frei werfen und verliert zudem noch viele Fliegen. Die Bedingungen sind alles andere alskomfortabel. Und wenn man etwas fangen will, dann muss man auch noch schleichen wie ein Indianer. Wozu das alles? Meine Begeisterung für die kleinen Fließgewässer begründet sich vor allem durch die drei folgenden Aspekte:

1. Bäche sind Perlen

Die Schönheit eines Baches kann für mich atemberaubend sein. Unscheinbar fließt er durch ein ursprüngliches Tal. Sein Wasser ist kalt, klar und sauber und Veränderungen durch den Menschen sind – selbst in Kulturlandschaften – noch die Ausnahme. Die Vegetation kann sich ungestört ausbreiten und die Flossenträger – in der Regel Salmoniden – zeichnen sich durch eine gesunde Altersstruktur aus. Beste Voraussetzungen für den Fang einer schönen Wildforelle oder Äsche.

2. Strukturreichtum

Bäche verlieren meist schnell an Höhe. Das schnelle Wasser formt den Bach. Kleine Wasserfälle und Stürze graben tiefe Gumpen in den Bachgrund und so trifft man häufig auf einen großen Strukturreichtum. Es ist nicht schwierig die Strukturen eines Bachs zu „lesen“ und die Standplätze der Fische auszumachen. Außerdem stellen Vegetation und Fließstrukturen einen wertvollen Schutz für die Fische dar.

3. Herausforderung

Es ist nicht schwierig den Bachfisch zu finden, es ist schwierig ihn zu fangen. Diese Herausforderung übt auf mich eine große Anziehung aus. Nicht wenige Angler sehen den kleinen Bach und sagen spontan: "Da fängt man nichts – und schon gar nicht mit der Fliege!" Dabei ist die Fliege aber ein sehr attraktiver Köder und der richtige Fliegenwurf ermöglicht eine Köderpräsentation, die mit Spinnrute oder Wurmangel kaum möglich ist. Die Herausforderung liegt in Technik und Taktik. Die Pirsch, ohne von den scheuen Flossenträgern bemerkt zu werden und der richtige Wurf, sind die entscheidenden Faktoren, wenn man einen geschuppten Bachbewohner aus der Nähe kennen lernen will.

II. Richtig pirschen

Wer am Bach nichts fängt macht etwas falsch – und der Fehler liegt häufig nicht bei der Köder- oder Platzauswahl, sondern im nbedachten Verhalten des Fischers. Die wichtigste Regel lautet daher: VERHALTE DICH UNAUFFÄLLIG!

Bachfische sind sehr scheu und reagieren empfindlich auf jede Störung. Wer unbedacht seinen Kopf über die Büsche reckt, um einen Blick auf einen vermuteten Fisch zu werfen, bekommt meist nur leeres Wasser zu sehen. Schnelles Annähern, Büsche beiseite schieben, Schatten auf dem Wasser oder unvorsichtiges Waten – das sind die klassischen Fehler! Der gewarnte Fisch ist der häufigste Grund für Misserfolg.

 

 

 

Die wichtigsten Pirschregeln

1. Sei unauffällig, bleibe in Deckung und bewege Dich behutsam!

2. Wate nur wenn nötig!

3. Fische möglichst stromauf! Diese Position bietet die beste Deckung.

4. Beginne erst zu fischen, wenn Du die optimale Position erreicht hast.

5. Vergewissere Dich vor dem Wurf über alle Wurf- und Bewegungshindernisse!

6. Lass Dir Zeit und plane den Wurf! Je mehr Ruhe und Konzentration, desto besser das Ergebnis.

7. Bewege die Rute unauffällig und halte sie beim Fischen ruhig!

8. Befische zunächst den Nahbereich und verlängere erst dann die Schnur!

9. Mache keinen erneuten Wurf, bevor die Drift vorbei ist! Das Abheben der Schnur warnt den Fisch.

10. Wenn der Wurf ins Geäst geht, nimm die Flugschnur in die Hand und zieh die Fliege an der Schnur heraus! Sitzt die Fliege fest, reiße sie vorsichtig ab und fische den Spot mit einer neuen Fliege (die andere kannst Du später wieder einsammeln). Löse die Fliege nicht durch Zug über die geflexte Rute! So landet sie gleich im nächsten Baum.

III. Werfen im Kleinen

An Bächen gibt es viele Bäume und der Platz zum Werfen ist knapp. Man kommt nicht umher, ab und an im Geäst hängen zu bleiben und die eine oder andere Fliege zu lassen. Nichtsdestotrotz ist es möglich, saubere Würfe unter diesen sehr beengten Verhältnissen zu machen. Der Leitspruch muss heißen: Wer nicht wagt, der nicht fängt. Letztendlich ist es eine Frage der persönlichen Fertigkeiten und an denen lässt sich schließlich arbeiten.

Vorteilhaft ist das Beherrschen eines sauberen Roll- und Normalwurfs. Der Normalwurf sollte über Kopf wie auch horizontal geführt werden können. Eine enge Schlaufe das Maß der Dinge unter den beengten Verhältnissen. Weite ist nicht relevant. Ich fische in Bächen auf Distanzen von „Rute plus Vorfach“ bis etwa 8 Meter. Nur die Präzision des Wurfes ist wichtig. Es empfiehlt sich, die benötigten Würfe zu trainieren (z.B. hier) – denn von nichts kommt nichts, und zwar am Wasser.

Es gibt eine ganze Reihe von Wurftechniken, die beim diesem Indianerfischen hilfreich und wichtig sein können. Ich will an dieser Stelle 7 Techniken beschreiben. Ich bewältige sämtliche Herausforderungen am Bach mit diesen 7 Techniken.

 

1. Der kurze Rollwurf

Gemeint sind Rollwürfe bis maximal 8 Meter. Tatsächlich fische ich meist auf kürzere Distanz. Im Prinzip reicht ein Stück Flugschnur in Rutenlänge, um einen effektiven Rollwurf auszuführen.

Bei sehr kurzen Würfen ist es vorteilhaft, die Fliege in der Hand zu halten und im Wurf mit der gehenden Leine los zu lassen. Ich kann mich mit der passenden Schnurlänge und der Fliege in der Hand in Wurfposition bringen und fange den Fisch beim ersten Wurf.

Eine effektive Technik die Fliege auf Distanzen ab 5 Meter zu präsentieren besteht darin, einen kurzen Rollwurf stromauf zu machen, um die Schnur zu ankern. Anschließend befördere ich die benötigte Leinenlänge durch Wedeln der Rute gegen den Anker aufs Wasser. Dann schließe ich den eigentlichen Wurf an, indem ich das Schnurknäuel aus dem Wasser ziehe und vollständig ausrolle. Der Vorteil besteht darin, dass wiederholte Rollwürfe zum Verlängern der Leine vermieden werden. Häufige Würfe warnen den Fisch – oder gehen ins Geäst.

Es ist auch beim Rollwurf möglich, ein vollständiges Strecken des Vorfachs zu vermeiden, wenn die Schlaufe leicht abwärts gerichtet ist. Durch die lose Schnur wird eine saubere Drift der Trockenfliege erleichtert – eine hervorragende Technik.

 

2. Der Horizontalwurf

Der Horizontalwurf oder Side-Cast ist ein auf die (Körper-) Seite gelegter Normalwurf. Die Schnur wird flach über dem Wasser geführt. So kann man Würfe unter herabhängenden Ästen machen und die Fliege im flachen Winkel unter die Büsche bringen. Der seitliche Wurf ermöglicht auch das Umlegen der Schlaufe auf die Seite, so dass das Vorfach neben der Flugschnur entlang läuft (anstatt oben drüber) und sich nicht im Geäst verfängt.

 

3. Der Pocket-Cast

Der Pocket-Cast verhindert das Furchen der Trockenfliege, indem am Ende des Wurfes das Vorfach zusammenfällt und lose gekringelt auf dem Wasser zum Liegen kommt. Eine genaue Beschreibung findet sich hier. Der Wurf ermöglicht eine saubere Präsentation in schnell fließendem Wasser, quer über die Strömung oder stromab. Ich verwende ihn oft, um Trockenfliegen in kleinen Strömungstaschen anzubieten. Durch die auf das Wasser gerichtete Schlaufe bietet der Wurf eine hohe Zielgenauigkeit in den beengten Verhältnissen am Bach. Ein langes Vorfach ist von Vorteil, jedoch funktioniert der Wurf auch mit normalen und selbst kurzen Vorfächern (beim Bachfischen ist mein Vorfach nicht länger als 2 Meter). Es verkürzt sich allerdings das Zeitfenster bis die Fliege zu furchen beginnt.

 

4. Das Torwandwerfen

Es handelt sich nicht im engeren Sinn um einen speziellen Wurf. Ich bezeichne damit vielmehr eine besondere Situation am Bach: Viele Wiesenbäche verfügen über einen Saum von Bäumen und Büschen am Ufer, wie eine grüne Wand. Stellenweise finden sich mehr oder weniger große "Fenster" in der Wand. Diese ermöglichen oft den Zugang zu ansonsten schwierigen oder gar unfischbaren Pools im Bachlauf. Außerdem garantiert die grüne Wand die bestmögliche Deckung für den Fischer. Ein höchst spannender Spot also:

Der Begriff der Torwand liegt nahe, weil nun die Leine durch das enge Fenster in den Bach muss. In der Regel werfe ich im steilen Winkel (45° und mehr) aufs Wasser, aber es gibt auch Situationen, die flache Würfe erfordern. Um die Schlaufe sicher durchs Gebüsch zu bringen, muss diese möglichst eng sein und ruhig und gleichmäßig geworfen werden. Fische ich trocken oder mit Nymphe, so lasse ich zusätzlich das Vorfach auf dem Wasser zusammenfallen (vgl. Pocket-Cast), um eine saubere Drift zu erreichen. Nicht einfach, aber die Mühe lohnt sich. Oft bringt gleich der erste Wurf den Fisch des Tages.

 

5. Der Bow-and-Arrow-Cast

Im Prinzip kein Wurf, aber eine sehr effektive Methode beim Fischen im Nahbereich. Immer dann, wenn ein Wurf mit der Rute aufgrund des Bewuchses unmöglich ist, kann mithilfe des Bow-and-Arrow die Fliege über mehrere Meter präzise ins Ziel geschossen werden.

Dazu nimmt man die Fliege oder Schnur in die Hand. Der Abstand zwischen Hand und Rutenspitze muss kurz genug sein, um die Rute durch Zurückziehen zu laden. Die Rutenhand fixiert die Schnur an der Rolle, um ein Durchrutschen beim Laden zu verhindern. Man richtet nun die Rute horizontal ausgestreckt auf das Ziel. Die Leine wird zurück gezogen und die Rute gebogen. Die Ladung der Rute sollte grundsätzlich in vertikaler Richtung erfolgen (biegt man die Rute seitlich, so schlägt die geschossene Schnur am Ende zur gegenüberliegenden Seite aus). Die Rute arbeitet wie ein gespannter Bogen beim Bogenschießen: Lässt man los, wird die Leine wie ein Pfeil beschleunigt – daher der Name.

Der Abschuss der Fliege birgt die Gefahr sich selbst zu haken. Der Wurf ermöglicht ein durchaus kraftvolles Setzen des Hakens tief in den eigenen Zeigefinger. Folgende zwei Methoden vermeiden unnötige Schmerzen:

(1) Man hält die Fliege am Hakenbogen, d. h. hinter der Hakenspitze. Lässt man den „Flitzebogen“ losschnellen, kann man sich nicht selbst haken. Nachteil der Methode ist, dass sie nur die Distanz „Rute plus Vorfach“ ermöglicht. Ich nutze daher die andere Technik:

(2) Ich halte die Schnur, nicht die Fliege. Je nach benötigter Distanz ziehe ich ausreichend viel Leine durch die Ringe, spanne die Rute an knapp rutenlanger Schnur und lasse den Überschuss, d. h. das Vorfach mit Fliege, auf dem Wasser liegen. Die Rute katapultiert die gesamte Leine nach vorn und es besteht ebenso keine Selbsthakgefahr. Der Wurf geht allerdings wesentlich weiter.

 

6. Tippfischen/ vertikaler Wurf

Manche Stellen am Bach lassen sich nur senkrecht von oben befischen. In diesem Fall stellt das Tippen eine passende Möglichkeit dar. Es ist durchaus spannend, eine wilde Forelle durch kleine Hüpfer der Fliege auf der Wasseroberfläche verrückt zu machen. Genauso gut lässt sich eine kurze "tote Drift" einer Trockenfliege oder Nymphe imitieren. Beide Methoden erfordern eine sehr kurze Schnurlänge zwischen Rutenspitze und Fliege, i. d. R. etwa Rutenlänge. Die Fliege flippt man durch eine sanfte Beschleunigung der Leine über die Büsche und ins Wasser. Da die Rutenspitze aus kurzer Entfernung über den Fisch gehalten wird, entscheiden ruhige Rutenbewegungen über den Erfolg.

Wann immer möglich bevorzuge ich einen vertikal aufs Wasser gerichteten Normalwurf – Im Wurf liegt die Herausforderung, außerdem ermöglicht eine längere Leine auch eine längere Drift. Ich ziehe dazu ein bis drei Meter Flugschnur durch die Ringe und lege sie vor die Rute. Das Vorfachende halte ich in meiner Schnurhand, damit sich die Fliege nicht am Boden festhängt. Mit einem nahezu senkrecht nach oben geführten Rückwurf bringe ich die Leine in die Luft und lasse dabei die Fliege mitgehen. Dann ein gezielter, ruhiger Vorwurf aufs Wasser — ganz sanft, damit die Leine nicht klatscht. Ungeheuer effektiv!

 

7. Der Bucket-Cast

Ein exzellenter Trickwurf für besondere Situationen: Wird ein ruhiger Bereich oder Pool stromauf oder quer über befischt und befindet sich zwischen dem Ziel und dem Fischer schnelleres Wasser (Poolauslauf, Absturz, Rieselstrecke), so lässt sich die Trockene nur ohne Furchen anbieten, wenn eine Schnurreserve mit aufs Wasser gebracht wird. Dies bewerkstelligt der Bucket-Cast durch eine schnelle, vertikal geführte Auf-Ab-Bewegung der Rute nach dem Stopp bzw. während sich die Schnurschlaufe ausrollt (siehe hier). Die Leine wird im Normalwurf geführt, dann der Stopp, Absenken der Rute in die Horizontale und schließlich ein kurzer Schlag auf und ab. Die letzte Bewegung erzeugt eine Welle in der sich streckenden Leine, die auf dem Wasser lose zusammenfällt: Die benötigte Schnurreserve. Das strömende Wasser kann die Reserve davontragen, ohne dass die Fliege im ruhigen Wasser furcht. Eine super Präsentation!

 

 

IV. Die Strukturen – und wie man sie fischt

Bäche – v. a. mit starkem Bewuchs – bieten oft nicht die Möglichkeit, direkt am Wasser zu laufen. Dies empfiehlt sich auch nicht gerade, wenn man erfolgreich sein will. Oft wandert man wenige Meter vom Wasser entfernt durch den Wald oder die Wiesen, während der Uferbewuchs mehr oder weniger viel Einblick in den Bach gewährt. Alle paar Meter finden sich Strukturen, die auf den ersten Blick interessant aussehen und bei näherer Betrachtung vielleicht auch sind. Ich bewege mich dann vorsichtig von stromab heran und mache mir ein Bild von der Stelle. Wer sich geschickt anstellt, kann nun oft aktive Fische beobachten – Aber bitte nicht gleich loslegen!

Beim Fischen auf kurze Distanz vermeide ich Standorte, von denen aus ich den Fisch direkt sehen kann. Dieser entdeckt mich sonst leicht durch die Wurfbewegung und ist nicht mehr zu fangen. Die Aufgabe bei der Investigation lautet: Finde die Standplätze der Fische; wähle Deinen eigenen Standplatz aus; entscheide Dich für eine passende Fliege bzw. Technik.

Ich unterscheide 5 Situationen und gehe je nach Situation folgendermaßen vor:

 

1. Der offene Wiesenbach

Mindestens eine Uferseite am Fischplatz ist frei von größerem Bewuchs und die Wiese grenzt direkt ans Wasser. Das erleichtert das Werfen, bedeutet aber auch wenig Deckung für den Fischer. Oft findet sich ein Ufersaum aus Gräsern, Brennnesseln, u. Ä. Ist der Saum niedrig genug, lohnt es sich, die ersten Würfe aus etwas Entfernung zu machen und sich erst dann zu nähern. Ruhiges tiefes Wasser fische ich gern mit dem Streamer, ansonsten wähle ich vermutlich eine Trockene.

Es geht los: Den ersten Wurf mache ich aus 3 – 5 Metern Entfernung zum Ufer mehr oder weniger quer über die Wiese. Der hintere Teil der Schnur landet im Gras; nur die Spitze muss ins Wasser. Ein Streamer darf einfach in den Pool plumpsen, zwei, drei Strips und Bang! Habe ich mich für die Trockenfliege entschieden, empfiehlt sich ein Pocket-Wurf, um die Fliege ohne Furchen anzubieten. In der Regel wird eine auf diese Weise gefischte Fliege sofort attackiert und mehr als ein Wurf ist meist nicht nötig.

Diesmal ist aber nichts passiert: Ich nähere mich vorsichtig dem Wasser und fische geduckt vom Ufer aus. Ich kann nun unabhängig von der Köderwahl (Trocken, Nymphe, Streamer) den Nahbereich gut mit vertikalen Würfen (oder ggf. tippend) abdecken. Dann erst vergrößere ich meinen Radius und werfe die Leine stromauf, bevorzugt mit Rollwürfen oder einem Side-Cast. So geht es am Ufer entlang stromauf bis sich die Struktur verändert.

 

2. Der grüne Tunnel

Naturnahe Bäche sind i. d. R. stark umwachsen und werden beidseitig von Bäumen beschattet. Bei kleinen Gewässern schließt sich meist das Geäst wie ein Dach über dem Wasser – der sogenannte grüne Tunnel.

Im Tunnel bewege ich mich grundsätzlich stromauf – Nur selten bietet die andere Richtung dieselbe Sicherheit und Kontrolle. Ich pirsche mich an die vielversprechende Stelle heran und fische stromauf. Je nach Fließgeschwindigkeit, Wassertiefe und Verwirbelung wähle ich meine Fliege. Für tiefe, langsame Pools nehme ich bevorzugt einen Streamer. Dieser bietet auch Vorteile, wenn ein Wurzelstock oder versunkene Äste im Spiel sind. Kleinere Wurzeln und Rinnen lassen sich gut trocken befischen. Ist das Wasser schnell und stark verwirbelt, so hat man es mit einer beschwerten Nymphe leichter, als mit der Trockenfliege.

Der Tunnel ist meist beengt und oft hängen Äste von oben herab. Ich präsentiere bevorzugt mit dem Rollwurf. Der Vorteil ist die hohe Zielgenauigkeit durch die vertikale Rutenführung. Nachteilig ist ein leichtes Umschlagen des Vorfachs nach oben, so dass die Fliege in tief herabhängenden Ästen hängen bleiben kann. Tiefes Geäst erfordert horizontale Würfe. Damit kann ich die Fliegenschnur knapp über dem Wasser führen und die Fliege zielgenau unter Hindernisse werfen.

Nicht selten ist der Tunnel nicht nur eng und niedrig, sondern es mangelt zusätzlich an Rückraum. Hier stoßen Roll- und Normalwurf an ihre Grenzen, aber die Situation lässt sich sehr effektiv fischen: Auf kurze Distanz mit „Pfeil und Bogen“. Selbst wenn mir in gebückter Haltung schon die Äste ins Gesicht ragen, mit dem Bow-and-Arrow-Cast katapultiere ich die Trockene oder Nymphe absolut zielgenau stromauf. Meine 7’ Rute inklusive bringe ich auf diese Weise locker bis zu 6 Meter zwischen mich und die Fliege. Aber Vorsicht: Unter niedrigem Geäst macht man den Anhieb mit der Schnurhand, denn als Buschmesser ist die feine Rute eher ungeeignet.

 

3. Der tiefe Pool

Schnellen Rauschen und Wasserfällen folgen oft breite, tiefe Gumpen, in denen grundsätzlich sehr gute Fische stehen. Oft ist das Ufer am Gumpeneinlauf unterspült oder es ragen kräftige Wurzelstöcke aus dem Wasser. Dann weiß man sofort, wohin die Fliege muss.

Im Prinzip fischt sich so ein Pool gut stromauf mit den bereits beschriebenen Methoden. Eine Trockene über der Wurzel oder eine kleiner Streamer, der flach geführt daran vorbei flitzt, und es klappt. Manchmal aber sind diese großen Gumpen derart tief und unwegsam, dass man sich nur schwer von unterhalb in eine ideale Position bringt. Tiefes Waten würde die Fische warnen und ist oft auch gar nicht möglich. Das ist eine Situation, in der bei mir der Streamer zum Einsatz kommt stromab. Ich bringe mich vorsichtig oberhalb des Einlaufs in Position: Ein Busch bietet Deckung. Oft steht der beste Fisch im Pool ganz oben, praktisch vor den Füßen. Daher beginne ich mit einem kurzen Seitwurf und bringe den Streamer und je nach Lage 2 – 3 Meter Schnur ins Wasser. Alle Bewegungen sollten ruhig und unauffällig sein. Der Woolly Bugger fällt mit einem Plopp ins Wasser. Ich mache zwei, drei ruhige Strips bis zum Einlauf hoch. Dann raus und noch mal. Oft aber genügt ein Wurf: Der Poolkönig schießt aus seinem Wurzelstock und man erlebt eine gewaltige Attacke direkt vor den Füßen.

Beim Forellen-Streamern im ruhigen Wasser halte ich (wenn möglich) nicht den direkten Schnurkontakt zur Fliege. Erfolgt ein aggressiver Biss, reagiert man sonst leicht zu schnell und zieht den Haken nach vorn aus dem Maul heraus. Die meisten Fehlbisse auf Streamer sind Folge eines vorschnellen Anhiebs. Stattdessen lasse ich nach jedem Strip die Leine leicht durchhängen, damit der Fisch bei der Attacke drehen kann. Ich beobachte aufmerksam die Stelle, wo die Fliege läuft. Man kann sehen, wenn plötzlich Bewegung ins Wasser kommt: Ein Wasserschwall oder ein Aufblitzen der Flanke zeigt, dass der Fisch gedreht hat und ich den Haken setzen kann. Die Rute ruhig anheben – und der Tanz beginnt.

 

4. Ein Wurf über den Wasserfall

Wenn man den Bach entlang stromauf läuft, stößt man oft auf vielversprechende ruhige Abschnitte oder Gumpen, an deren unterem Ende das Wasser schnell fließt. Der schnellere Poolauslauf – eine kleine Rausche oder ein Absturz – ist ein Hindernis, das die Präsentation von Stromab erschwert. Es gibt mehrere Möglichkeiten:

Wenn ich ausschließlich auf Forellen gehe, ist die einfachste Lösung der Streamer. Dieser muss nicht ruhig und gleichmäßig geführt werden und so stört es überhaupt nicht, wenn das schnelle Wasser am Poolauslauf an meiner Leine zerrt. Präsentiere ich jedoch eine Trockenfliege oder Nymphe, versaut mir das die Drift.

Möglichkeit 1) ist ein vorsichtiges Anpirschen bis die Rutenspitze über das ruhige Wasser ragt. Dann fische ich auf kurze Distanz und sammle die heran treibende Leine ein, bevor sie von der Strömung am Auslauf erfasst wird.

Möglichkeit 2) ist die elegantere, aber schwierigere Lösung. Wenn die Annäherung den Fisch zu warnen droht, bleibe ich auf Distanz und verwende den Bucket-Cast. Mit dem Normalwurf (seitlich oder wenn möglich über Kopf) werfe ich eine ausreichend lange Leine in den Pool und schlage nach dem Stopp eine Welle in die Schnur, die als Schnurknäuel vor dem Poolauslauf zusammenbricht. Die Strömung benötigt 5 oder mehr Sekunden bis das Knäuel entfaltet ist und die Fliege zu furchen beginnt. In dieser Zeit fischt die Fliege absolut sauber und fängt den Fisch.

 

5. Das Loch im Busch

Nicht selten finden sich am Ufer von Wiesenbächen freche Bäume, die einen gezielten Wurf zum Fisch verhindern wollen. Gräser und Büsche ragen in die Höhe und von oben hängen lange Äste herab. Der Bach liegt geschützt hinter einer grünen Wand. Ebenfalls nicht selten finden sich in solchen Wänden Lücken und Löcher, die den Blick aufs Wasser freigeben – und noch mehr: So ein Fenster ermöglicht nicht nur den Anblick, sondern auch den Fang der Fische.

Der weniger geübte Werfer bevorzugt die Bow-and-Arrow-Methode, steckt die Rute in die grüne Wand und schießt die Fliege vor den Fisch. Der geübte Werfer ist in der Lage, einen sauberen Überkopfwurf mit enger Schlaufe zu führen. Es sind nur wenige Meter Schur in der Luft zu halten, aber der Wurf muss ruhig und gleichmäßig sein, so dass die Schlaufe immer dieselbe Bahn nimmt. Unter diesen Voraussetzungen kann er erfolgreich „Torwandwerfen“.

Man kann mit etwas Abstand beginnen und werfend auf das Fenster zugehen, oder in der optimalen Position beginnen und mit ruhigen Würfen die Schnur in der Luft verlängern. Will ich Leerwürfe vermeiden, so halte ich die Fliege in der Schnurhand und mache mit kurzer Leine nur einen sanften Rückwurf (bei dem ich die Fliege gehen lasse) und den Vorwurf durch die Nische. Es ist schon eine kleine Zirkusnummer, aber sie funktioniert – und wenn die Fliege landet, wo sie sie hin soll, und der Biss kommt, ist das einfach perfekt.

Das Torwandwerfen gelingt mit unbeschwerten Fliegen leichter. Diese lassen sich sanfter werfen als Goldköpfe und Streamer, was für die Ruhe des Wurfes von Vorteil ist. Schwere Geschosse schlagen beim Strecken der Leine gerne herum und verfangen sich dann leicht in den Bäumen. Insofern sind v. a. bei kleinen Buschlöchern Trockenfliegen von Vorteil.

 

 

V. Geräte und Fliegen

 

1. Rute

Eine Bachrute muss kurz sein. Dadurch kann man unter beengten Verhältnissen werfen, ohne hängen zu bleiben. Die Kontrolle der Schnur gelingt mit der kurzen Rute leichter. Je nach Beschaffenheit des Bachs und sind Ruten zwischen 6 und 8 Fuß zu gebrauchen – die persönliche Präferenz spielt sicher auch eine Rolle. Mit einer 7’ Rute ist man aber für die meisten Anforderung gut ausgestattet.

 

2. Schnur

Ich würde immer eine Keulenschnur vorziehen. Das Ladegewicht liegt im vorderen Teil und ermöglicht, wenn nötig, auch das Schießenlassen der Leine. Die Keule sollte möglichst kurz sein – einige Hersteller bieten spezielle Taper für Bachbedingungen an. Wichtig ist, dass das Schnurgewicht bei nur wenigen Metern außerhalb der Rute zum Laden ausreicht. Das heißt, dass die Abstimmung von Rute und Schnur anhand der AFTMA-Klassen nicht unbedingt zielführend ist. Die Kombination funktioniert meist besser, wenn die Leine mindestens eine Klasse höher gewählt wird.

 

3. Vorfach

Ein konisches Vorfach von 2,70 m, eingekürzt auf Rutenlänge bis maximal 2,50 m oder ein entsprechendes geknüpftes Vorfach ist eine gute Wahl. Ich verwende am Bach meist Vorfächer um etwa 2 m.

 

4. Einige Fliegenmuster

Trocken (gute Sichtbarkeit ist wichtig):
- G+H Sedge
- Käfer
- buschige Eintagsfliegen, z.B. Wulff
Nymphe (beschwert für Tiefgang trotz kurzem Vorfach):
- GK Hares Ear
- GK Prince
- GK Red Tag
Streamer:
- Woolly Bugger schwarz

Fliegenfischen am Bach mit Andreas Schmitt von der Casting-Clinic
Erfolgreich Fliegenfischen am Bach